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Studie zur Nutzung von VR-Games in Deutschland mit überraschenden Ergebnissen

Virtual Reality-Anwendungen wird gemeinhin ein enormes wirtschaftliches Potenzial attestiert. Tatsächlich ist Virtual Reality (VR) in vielen Bereichen bereits Realität, doch vor allem im Fall der Gaming-Branche ist offensichtlich, wie VR ihr Potenzial in dieser Hinsicht entfalten kann. WiSo-Prof. Reinhard Kunz vom Institut für Medien- und Technologiemanagement der WiSo-Fakultät und Prof. Christian Zabel (TH Köln) haben die Kunden in den Blick genommen. „Ist Virtual Reality nur etwas für Teenager? Auf keinen Fall!“, fanden sie in ihrer gemeinsamen Studie heraus.

Grafik 1: Altersverteilung von VR-Nutzern (N=4.142)

Für die wissenschaftliche Untersuchung befragten Reinhard Kunz und Christian Zabel etwa 4500 deutsche VR-Game-Nutzer:innen. Die bislang erfolgte deskriptive Auswertung zeigt: Die befragten Nutzer*innen sind überwiegend männlich (90,2% der Befragten) und setzen VR regelmäßig ein. Nur jede:r fünfte gab dabei ein Alter von unter 25 Jahren an, etwa 30 % dagegen waren über 40 Jahre alt. Im Schnitt lag das Alter der Befragten bei beachtlichen 36 Jahren.

Insgesamt zeigt sich auch eine breite soziodemografische Streuung. Die Nutzer:innen sind überwiegend als Angestellte tätig (63,1%), Schüler:innen und Studierende machen mit 20,9% einen geringeren Anteil aus. Die Hälfte der Befragten hat ein abgeschlossenes Studium, ein gutes Viertel eine Berufsausbildung und ein weiteres Viertel das Abitur als höchsten Abschluss. Rund zwei Drittel aller Teilnehmer:innen nutzten VR „mehrmals pro Monat“. 36,7 % der Befragten spielten sogar mehrmals in der Woche in virtuellen Räumen. Die wichtigsten Motive bei der Nutzung lauten Unterhaltung, Spaß und „weil die Spiele aufregend sind“. Auch Zeitvertreib, sozialer Austausch und Wettbewerb mit anderen Spieler:innen waren häufig genannte Gründe.

Dass das Durchschnittsalter der Nutzer:innen bei, gemessen an üblichen Werten im Gaming-Bereich, relativ hohen 36 Jahren lag, kann Reinhard Kunz und Christian Zabel zufolge im Zusammenhang mit der höheren Kaufkraft dieses Alterssegmentes stehen. Dafür spreche auch, dass etwa 65 % der Anwender:innen als Angestellte tätig sind. 

Grafik 2: Nutzungsdauer von VR-Gamern (N=3.585)

Die Befragten verfügen über eine recht große Erfahrung: 63% spielen VR-Games seit mehr als sechs Monaten; jede:r Fünfte sogar seit mehreren Jahren. Die einzelnen Sessions dauern dabei relativ lang: 59% der VR-Gamer:innen spielen mehr als 60 Minuten am Stück. Jede:r Fünfte sogar länger als zwei Stunden (18-25-Jährige: 29%). Ebenso erfragt wurde die Geräteausstattung. 71,3% der Befragten besitzen ein eigenes VR-Gerät; dieser Anteil nimmt mit dem Alter zu. Besonders beliebt sind Oculus Quest (41,6%), Sony Playstation VR (22,1%) und Oculus Rift (17,1%) benutzt. Das simple Google Cardboard liegt mit 14,5% auf Platz 4. Leistungsfähige Geräte werden dabei verstärkt für Gaming eingesetzt: Oculus Rift S (38%) und Valve Index (37%) werden häufiger länger als zwei Stunden am Stück für Gaming genutzt als der Gerätedurchschnitt (22%). Die Geräte werden hinsichtlich Verzögerungen/ Verzerrungen nur durchschnittlich bewertet. Dies gilt auch für die Top-Geräte (z.B. Valve Index VR: 4,38 auf einer Skala von 1 bis 7).

Als wesentliche Hindernisse für die VR-Games-Nutzung nannten die Befragten in der Vorstudie unter 1208 Studierenden vor allem Motion-/Cybersickness (148 Nennungen), schlechte Bildqualität (58), Steuerungsprobleme (48). Im Gesamtsample beklagten immerhin 30,2% zumindest gelegentlich Probleme hinsichtlich Cybersickness (7% oft/immer). Frauen erleben dies etwas häufiger als Männer (Anteil 42,9% zumindest gelegentlich und 12% oft/immer). Hier ist also Verbesserungspotenzial gegeben.

Weshalb werden VR Games genutzt? Unterhaltung ist hier das wichtigste Motiv. Nutzer:innen spielen vor allem, um Spaß zu haben und weil die Spiele aufregend sind. Zeitvertreib und ‚Abschalten‘ folgen mit deutlichem Abstand. Sozialer Austausch und Wettbewerb mit anderen Spieler:innen erzielen nur leicht positive Werte und sind eher nachrangig. Insgesamt zeigen sich die Befragten zufrieden mit dem derzeitigen VR-Games-Angebot: 86% sind eher oder sehr zufrieden. Im Durchschnitt vergeben die VR-Nutzer:innen 4,07 von 5 Sternen für die Nutzung von VR-Technologie für Games. Auch mit dem Preis-Leistungsverhältnis sind die Befragten überwiegend einverstanden. Rund 30% halten die Preise jedoch für zu hoch.

Es deutet sich durch die Befragung mithin an, dass im VR-Gaming der Branche ein neuer Markt erwächst, der eine ältere Klientel mit erhöhter Kaufkraft erschließen kann. Welchen wirtschaftlichen Nutzen dieser neu aufkommende Markt hat, wird die Zukunft zeigen.

Zur Methode: Insgesamt haben 4.517 Personen (davon 4.146 mit VR-Erfahrung) den Survey vollständig (!) ausgefüllt. Vorausgegangen war im November 2020 ein Pre-Test unter den Studierenden der TH Köln und der Universität zu Köln, bei dem bereits 1.208 Personen den Fragebogen komplett beantworteten. 1.128 Proband:innen aus diesen beiden Wellen haben auch an einer Folgebefragung teilgenommen, die jeweils zwei Monate nach der ersten Befragung erfolgte. Damit liegt ein quantitativ belastbares Fundament vor. Durch den umfangreichen Pre-Test und die Abfrage über mehrere Zeitpunkte ist hier auch methodisch ein sehr hohes Niveau erreicht.

Die vollständige Darstellung der ersten deskriptiven Auswertung ist auf Anfrage bei den Autoren Prof. Dr. Reinhard Kunz (Medien- und Technologiemanagement an der Universität Köln) und Prof. Dr. Christian Zabel (Institut für Wirtschaftswissenschaften an der TH Köln) erhältlich.

Bildverweis:

Titelbild www.qso4you.com (creative commons)

Grafik 1 & Grafik 2: Prof. Dr. Reinhard Kunz/Prof. Dr. Christian Zabel