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Vier Gastvorträge aus Verlagswesen, Fernsehen, Gaming-Bereich und Online-Medien beleuchten die Branche in turbulenten Zeiten

Die deutsche Medienlandschaft in der Corona-Krise

Im Rahmen der Bachelorvorlesung „Medienunternehmen und -technologien: Einführung in Managementthemen“ an der Universität zu Köln haben im Sommersemester 2020 auf Einladung von Prof. Dr. Reinhard Kunz und Nicola Kleer, M.Sc. (beide Medien- und Technologiemanagement) fünf Expert*innen einen Einblick in ihr Tätigkeitsumfeld gegeben. Lars Grasemann (netzstrategen), Franziska Urlaub und Heike Mück (beide DuMont), sowie Martin Lorber (Electronic Arts) und Dr. Florian Kumb (ZDF) haben dabei besonders die Digitalisierung und die Coronavirus-Pandemie thematisiert.

Die jährlich stattfindende Einführungsveranstaltung des Seminars für Medien- und Technologiemanagement beinhaltet traditionell Gastvorträge von Branchenexpert*innen. Diese sollen stets Licht auf die aktuellen Themen und Schwerpunkte der Branche werfen und sich den Fragen der Wissenschaftler*innen und Studierenden stellen. Dieses Jahr ist die Lehrveranstaltung in die Zeit der globalen Coronavirus-Pandemie gefallen. Diese konfrontiert die Gesellschaft nach wie vor mit radikalen Einschränkungen der Lebensgewohnheiten und stellt eine besondere Herausforderung für die Medienwirtschaft dar. Aufgrund von Kontaktbeschränkungen und der Absage von Präsenzveranstaltungen haben die Vorträge online stattgefunden.

Den Auftakt machte Lars Grasemann von den „netzstrategen“. Der Fachmann für Medienmarketingstrategien stellte den linearen Rückgang der Auflage von Tageszeitungen seit 1991 einer wachsenden Nachfrage nach Online-Informationen gegenüber. Durch die Corona-Krise stiegen einerseits die Abonnentenzahlen und Reichweiten von Zeitungen zwar an, andererseits mussten die Nachrichtenhäuser jedoch einen dramatischen Anzeigenrückgang verzeichnen. Insgesamt sieht Grasemann in der digitalen Transformation Chancen. „Die besten Tage kommen noch, wenn sich der Journalismus vom Trägermedium emanzipiert“, resümierte der Experte.

Auch beim Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) ist klar zu beobachten, dass die Nutzung der Informations- und Wissenschaftssendungen, aber auch der Unterhaltungsangebote sowohl im Fernsehen als auch im Online-Bereich zugenommen hat. Der Chef der Programmplanung, Dr. Florian Kumb, sieht die Schwerpunkte der digitalen Transformation des ZDF vor allem in der Weiterentwicklung der ZDFmediathek, dem Jugend-Angebot funk sowie den Social Media-Angeboten des Senders. Daneben gilt es aber auch, für den Hauptsender, das ZDF – nach wie vor Marktführer im deutschen Fernsehen –, die Relevanz in der Bevölkerung zu erhalten und mit ZDFneo und ZDFinfo neue Zielgruppen zu erschließen. Ein wichtiger Schritt sind die nun beschlossenen Liberalisierungen: Das öffentlich-rechtliche Online-Angebot kann zukünftig um „Online Only-Inhalte“ erweitert werden, die maximalen Verweildauern der Inhalte wurden erhöht.   

Der dritte Beitrag befasste sich mit einer Medienteilbranche, deren Markt noch lange nicht gesättigt scheint. Martin Lorber von Electronic Arts berichtete aus dem Segment der Games. Als ein Kind der Digitalisierung ist die Branche ständig in Bewegung. Startete man noch mit niedrig auflösenden Einzelspielertiteln am Heimcomputer, bieten die auf diversen Endgeräten mit einem Millionenpublikum zu spielenden Multi-Player Games heutzutage ganz neue Einnahmequellen. Besonders das Smartphone wird immer häufiger auch zum Spielen genutzt. Durch die stetig steigende Konkurrenz gilt es, innovativ zu sein und neue Produkte zu entwickeln, die den Kunden an das Unternehmen bindet. Als einen Gewinner der Corona-Krise würde Martin Lorber Electronic Arts nicht bezeichnen, dazu sei die Situation zu ernst. Gestiegene Nutzungsdauer der angebotenen Online-Titel lassen sich seit Beginn der Kontaktbeschränkungen aber verzeichnen.

Auch Franziska Urlaub und Heike Mück vom Medienhaus DuMont Rheinland sehen in der Digitalisierung die zentrale Aufgabe der Medienbranche dieser Zeit. Der Verlag hat sich bereits seit einigen Jahren einem grundlegenden strukturellen Umbau verschrieben. Er trennte sich kürzlich von einigen Regionalblättern und geht bei anderen, wie dem Kölner Stadtanzeiger und dem Express, in eine „Digitalisierungsoffensive“. Insgesamt hat sich das Geschäft verlagert und die Bedeutung der Bereiche Business Information und Marketing Technology nimmt im Betrieb zu. Den Grund für den Anstieg des Medienkonsums in der aktuellen Krise sehen Mück und Urlaub in den Funktionen von Medien: Verunsicherung und Existenzängste führen zu Eskapismus und einem Bedürfnis nach Informationen und Unterhaltung. Zeitüberschuss und die eingeschränkten sozialen Kontaktmöglichkeiten resultieren in dem Wunsch nach Zeitvertreib und der vermehrten Nutzung sozialer Medien. „Die Krise unterstützt die digitale Transformation im Nutzungsverhalten der Leserschaft“, analysieren die Expertinnen. Die Corona-Krise als Beschleuniger der digitalen Transformation ist ein Grundtenor, der sich durch die Vorträge zieht und auch an den Universitäten lässt sich dieser Trend zurzeit beobachten.

Das Team um Prof. Kunz dankt den fünf Gastredner*innen herzlich für die spannenden und höchst informativen Beiträge, sowie die Bereitschaft, diese in der Corona-Krise experimentell im digitalisierten Hörsaal zu präsentieren.